Auslands-Deutsche: Darum wähle ich (nicht)

Rund eine halbe Million Auslands-Deutsche weltweit sind bei der Bundestagswahl am 24. September stimmberechtigt. Aber nur ein geringer Anteil wird von diesem Recht Gebrauch machen. Einigen sind die bürokratischen Hürden zu hoch, andere hingegen pochen auf ihr Wahlrecht. SBS German sprach mit (Nicht-)Wählern jeden Alters in Sydney und Melbourne.

61.5 million Germans are entitled to vote in either Germany or from abroad

61.5 million Germans are entitled to vote in either Germany or from abroad Source: AAP Images/EPA/KAY NIETFELD

Schätzungen zufolge lebt rund eine halbe Million deutscher Stimmbürger außerhalb der Landesgrenzen.

Traditionell gelten sie als wahlfaul. Rund ein Zehntel aller Stimmberechtigten beteiligt sich für gewöhnlich an der Bundestagswahl, Tendenz sinkend.

Aus diesem Grund buhlen Parteien in diesem Jahr auch ganz gezielt nach Stimmen aus dem Ausland, beispielsweise über Soziale Medien.

SBS German konnte in einer Umfrage mehrheitlich Deutsche finden, die wählen werden.

"Ich habe noch Interesse an deutscher Politik. In einer Demokratie ist es nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht zu wählen, deswegen will ich dieser Verantwortung nachkommen und mit meiner Stimme Einfluss auf das nehmen, was in Deutschland passiert", sagt Volker Latus, der seit 2005 dauerhaft in Sydney lebt. "Außerdem möchte ich, dass demokratisch stabile Kräfte das Land führen. Ich will verhindern, dass die extrem Linken oder Rechten eine zu große Stimme in Deutschland bekommen."

Ähnlich sieht es CJ Delling aus Sydney, die jeden Samstag mit ihrem satirischen Wochenrückblick Teil des SBS-Programms ist.

"Ich finde es ganz wichtig, dass man wählt", erzählt sie, "ich bin ein Super-Fan der Demokratie, sie funktioniert nur, wenn man mitmacht. Ich wähle überall, wo man mich lässt. Ich habe mich auch erkundigt, es gibt für mich keine Nachteile, wenn ich als australischer Staatsbürger, als Doppel-Staatsbürger, in beiden Ländern wähle."
SBS comedian is a proud voter in both Germany and Australia
SBS comedian CJ Delling is a proud voter in both Germany and Australia. Source: SBS
Carsten Johow aus Melbourne hat in der Vergangenheit mehrmals von der Briefwahl Gebrauch gemacht. Auch in diesem Jahr möchte er mitbestimmen.
Schwierig ist es ja nicht: Fragebogen ausfüllen und in den Briefkasten werfen. Man muss es nur rechtzeitig machen. (Carsten Johow)
Der bürokratische Aufwand ist neben fehlendem Interesse einer der Hauptgründe, nicht zu wählen.

Denn wer wählen will, muss einige Details beachten:

Darf ich wählen?

Auslands-Deutsche sind wahlberechtigt, wenn sie...

nach Vollendung des 14. Lebensjahres mindestens drei Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben und dieser Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurückliegt

oder

wenn sie aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in Deutschland erworben haben und von ihnen betroffen sind.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die Eintragung in das Wählerverzeichnis.
Wichtig: Der entsprechende Antrag potenzieller Wähler muss am 21. Tag vor der Wahl in Deutschland eintreffen - also am 3. September 2017.
An elderly couple walks into a polling station in Herne, western Germany, on Sunday, May 9, 2010. (AAP Images/apn Photo/Joerg Sarbac)
An elderly couple walks into a polling station in Herne, western Germany, on Sunday, May 9, 2010. (AAP Images/apn Photo/Joerg Sarbac) Source: AAP Images/apn Photo/Joerg Sarbac
Nach Jahren oder Jahrzehnten fernab der alten Heimat finden es viele schwierig, das Interesse für deutsche Politik aufrecht zu halten.

So sieht es auch Gary Roesch, der vor 44 Jahren als Kind in Melbourne ankam.

"Ich glaube nicht, dass ich wählen werde. Ich habe es auch noch nie gemacht. Ich bin es gewohnt, dass ich schon so lange hier in Australien wohne, aber immer noch Deutscher bin und hier nicht zur Wahl muss. Aber hier bin ich mittendrin und weiß, was los ist. Ich weiß nicht, ob ich genug mitbekomme, um von hier aus in Deutschland mitzuwählen."

Dass deutsche Staatsbürger im Ausland wahlberechtigt sind, findet er nichtsdestotrotz richtig: "Ich halte es für gut, dass man im Ausland mitwählen darf. Zum Beispiel, wenn man erst eine kürzere Zeit hier ist, nach Deutschland zurückziehen will oder sich wirklich dafür interessiert. Sehr wichtig finde ich, sich vorab zu informieren - und nicht so zu wählen, wie der Vater das auch gemacht hat."

Einen Unterschied machen

SBS German hat sich auch bei jüngeren Deutschen in Australien umgehört. Viele von ihnen leben nur für eine begrenzte Zeit außerhalb Deutschlands.

Robert (21) und Franzi (20) werden wählen, weil sie einen Unterschied machen möchten.

"Ich weiß, dass ich wählen werde. Ich möchte nicht einer von denen sein, die sich darüber aufregen, dass sich nichts verändert", erzählte er SBS in der Innenstadt von Melbourne. Ähnlich sieht es seine Freundin Franzi: "Meckern über andere ist leicht. Aber wenn sich etwas ändern soll, sollte man etwas dafür tun."
German backpackers Robert and his girlfriend Franzi will both participate in the election
German backpackers Robert and his girlfriend Franzi will both participate in the election Source: SBS
Die 19-jährige Sophie wird ebenfalls per Briefwahl wählen, sobald sie sich mit den Formalitäten auseinandergesetzt hat.

"Ich möchte mich auf jeden Fall informieren, wie ich in Australien wählen kann, weil ich noch ein Jahr lang hier bin. Aber ich habe es auf jeden Fall vor. Ich finde es toll, wenn man das Recht hat zu wählen. Das sollte man auf jeden Fall nutzen."

Zu weit weg von Deutschland

Andere junge Deutsche, die SBS in Melbourne getroffen hat, lassen die Bundestagswahl an sich vorbeiziehen. Aus unterschiedlichen Gründen.

"Ich werde vermutlich nicht wählen", erzählt der 21-jährige Nico, "einfach weil ich den bürokratischen Aufwand auf mich nehmen müsste. Dazu kommt die Tatsache, dass mir nicht bewusst wäre, was ich wählen wollte. So habe ich mir die Entscheidung abgenommen."

"Wenn ich zuhause wäre ja, aber hier in Australien habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ganz ehrlich, ich war mit anderen Sachen zu beschäftigt. Am anderen Ende der Welt fühlt sich vieles zu weit weg an", meint Michelle (22).

"Wahrscheinlich wähle ich nicht, weil ich seit 2009 nicht mehr in Deutschland lebe. Irgendwie hat man es dann nicht mehr so auf dem Programm", sagt die 31-jährige Anne.
31-year-old Anne who works in a Melbourne travel agency won´t take part in the election after having lived abroad for eight years.
31-year-old Anne who works in a Melbourne travel agency won´t take part in the election after having lived abroad for eight years. Source: SBS


Verfolgen Sie die Sonderberichterstattung von SBS German rund um die deutsche Bundestagswahl 2017 über unsere Homepage und die Facebook-Seite


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Published

Updated

By Maria Schaller

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