Es war im September 1975, Sydney erwartete mit Spannung ein groß angekündigtes Galakonzert mit Marlene Dietrich, Hollywoodstar und Inbegriff lasziver Weiblichkeit und kühler Verführung.
Das legendäre Her Majesty’s Theatre am Haymarket, das es heute nicht mehr gibt, war ausverkauft.
Geplant war, dass der berühmte Star des Abends, wie üblich bei ihren Auftritten, aus dem Dunkel der Bühne an die von nur einem Scheinwerfer beleuchtete Rampe tritt und unter Applaus einen ihrer signature Songs singt.
So sollte es also auch am Abend des 29. September sein, doch es kam ganz anders.
Die Musik spielte auf, das Theaterlicht wurde runtergedreht, das zumeist wohlsituierte Publikum in Abendkleid und Smoking verstummte erwartungsvoll, doch dann ……..nur ein Schrei und dann……… Stille.
Nach einer Schrecksekunde liefen Bühnenarbeiter herbei und beugten sich über den geöffneten Orchestergraben.
Dort unten lag bewegungslos und im Dunklen kaum erkennbar, Marlene Dietrich, dieselbe Frau, die so furchtlos amerikanische Truppen im 2. Weltkrieg an der Front besucht und die Boys mit ihren erotisch angehauchten Liedern zu Begeisterungsstürmen hingerissen hatte.
Jetzt brauchte die Diva in den 70ern selber Hilfe und wie ein atemloser Reporter des Sydney Morning Herald berichtete, rief die Theaterleitung nach einem Arzt aus dem Publikum.
Nun war klar, dass dies nicht nur ein leichter Ausrutscher war. Der Vorhang senkte sich über vor der Bühne, die Show wurde abgesagt und eine Rückerstattung des Eintrittsgeldes versprochen.
Die Nachricht vom Sturz der Diva ging um die Welt und vielerorts wurde über die Gründe spekuliert. War die 1901 in Schönberg geborene Polizistentochter zu alt fürs Showbusiness, war sie vielleicht betrunken, denn ihr wurde ein Alkoholproblem nachgesagt oder war es einfach Schlamperei, dass ihr Weg über die dunkle Bühne nicht ausreichend und sicher markiert war?
Eine Untersuchung des Vorfalls hat es nie gegeben.
Fest steht, dass Dietrich einen offenen Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte, der sie für den Rest ihres Lebens zwingen würde, mit Hilfe eines Stocks zu gehen.
In Sydney hütete Marlene Dietrich erst mal das Bett. Am 5. Oktober verließ sie das St. Vincent Krankenhaus im Stadtteil Darlinghurst wieder, eingehüllt in weiße Bettücher, um sie vor den Pressefotografen und den neugierigen Blicken der Öffentlichkeit zu schützen.
Sie flog stracks nach New York, verbrachte weitere Wochen in einem Krankenhaus und zog sich schließlich für immer in ihr Apartment in Paris zurück. Sie erlaubte es nie wieder, fotografiert zu werden und lehnte Besuche von Freunden ab.
So begann der Mythos der einsamen Diva, die 1992 – an einem schönen Frühlingstag - verstarb und heute in ihrer Geburtsstadt Berlin beigesetzt ist.
Ihre Fans trauern noch heute und am kürzlichen 25. Jahrestag ihres Todes legte selbst der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt einen Kranz auf ihr Grab.
Marlene Dietrich ist offiziell unvergessen