Unwort des Jahres 2016: "Volksverräter"

"Volksverräter" ist zum Unwort des Jahres 2016 gewählt worden. Der Begriff sei ein typisches Erbe von Diktaturen, unter anderem der Nationalsozialisten, hiess es in der Begründung.

volksverräter

Source: www.unwortdesjahres.net

"Volksverräter" ist zum Unwort des Jahres 2016 gewählt worden. Seit 1991 wählt eine Jury in Darmstadt das Unwort des Jahres. Sie besteht im Kern aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten.

Die Begründung der Jury

nazi
Source: Wikipedia
"Volksverräter" ist ein typisches Erbe von Diktaturen, unter anderem der Nationalsozialisten. Als Vorwurf gegenüber Politiker ist das Wort in einer Weise undifferenziert und diffamierend, dass ein solcher Sprachgebrauch das ernsthafte Gespräch und damit die für Demokratie notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft abwürgt. Der Wortbestandteil "Volk", wie er auch in den im letzten Jahr in die öffentliche Diskussion gebrachten Wörtern "völkisch" oder "Umvolkung" gebraucht wird, steht dabei ähnlich wie im Nationalsozialismus nicht für das Staatsvolk als Ganzes, sondern für eine ethnische Kategorie, die Teile der Bevölkerung ausschliesst. Damit ist der Ausdruck zudem antidemokratisch, weil er - um eine Einsendung zu zitieren - "die Gültigkeit der Grundrechte für alle Menschen im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik" verneint.

Schon wieder polemisch?

lügenpresse
Source: Wikipedia
Der Jury fiel es schwer dieses Jahr, zu entscheiden, ob das Unwort wirklich aus dem plakativen und polemischen Sprachgebrauch stammen sollte, den Angehörige und Anhängerinnen von Pegida, AfD oder ähnlichen Initiativen verwenden. Eine Einigung auf ein konkretes Wort fiel schwer. Der Jury ist bewusst, dass sie mit Volksverräter ein Wort gewählt hat, das sich dem bereits 2014 gewählten Wort Lügenpresse an die Seite stellen lässt.

Keine Mahnung, sondern bloss darauf aufmerksam machen

Bei der Aktion geht es nicht um einen Versuch der Zensur oder Sprachlenkung, sondern darum, für mehr Achtsamkeit im öffentlichen Umgang miteinander zu plädieren. In diesem Jahr wurde daher auch kein anderes Unwort nominiert, um der mit der Wahl ausgedrückten Kritik an dem derzeit in sozialen Netzwerken, aber auch in der Politik zunehmenden Sprachgebrauch mit faschistischem und fremdenfeindlichem Hintergrund mehr Gewicht zu verleihen.

Unwort-Statistik 2016

Für das Jahr 2016 wurden 594 verschiedene Wörter eingeschickt, von denen ca. 60 den Unwort-Kriterien der Jury entsprechen. Die Jury erhielt insgesamt 1064 Einsendungen. Die zehn häufigsten Einsendungen insgesamt, die allerdings nicht sämtlich den Kriterien der Jury entsprechen, waren postfaktisch, Populismus/Rechtspopulismus, (bedauerlicher) Einzelfall, Gutmensch, (Flüchtlings-)Obergrenze, Flüchtlingsdeal, Biodeutscher/biodeutsch, Umvolkung, Wir schaffen das! und eine Armlänge/eine Armlänge Abstand.

 

 

 


Share

Published

Updated

By Adrian Plitzco

Share this with family and friends


Follow SBS German

Download our apps
SBS Audio
SBS On Demand

Listen to our podcasts
Independent news and stories connecting you to life in Australia and German-speaking Australians.
Discover extraordinary books that will make a difference in your child's life.
Get the latest with our exclusive in-language podcasts on your favourite podcast apps.

Watch on SBS
German News

German News

Watch it onDemand