Australisches Kino in Berlin und Kopenhagen

Festivaldirektor*innen Angus McGruther (m.) and Mala Ghedia (r.) des Down Under Film Festivals. Credit: Down Under Film Festival
Seit 16 Jahren bringt das Down Under Film Festival die filmische Vielfalt Australiens und Neuseelands nach Europa – von Indie-Produktionen bis zu Blockbustern. Ein besonderer Fokus liegt auf Werken von First Nations und Māori Filmschaffenden. Neben Filmvorführungen bietet das Festival in Berlin und Kopenhagen auch Raum zum Austausch zwischen Kreativen und Branchenvertreter*innen. Ein Gespräch mit Co-Direktor Angus McGruther über die Entwicklung und Bedeutung des Festivals.
Benjamin Kanthak: Bei mir ist jetzt Angus McGruther, einer der
Gründer des Down Under Filmfestivals, was
mittlerweile schon seit 16 Jahren läuft und stetig
wächst und gedeiht und ganz viel spannende, tolle
Filme vorgestellt hat und immer mehr
Aufmerksamkeit erfährt. Ich freue mich sehr, dass
du bei mir bist, dir die Zeit genommen hast, mit
uns zu sprechen. Angus.
Angus McGruther: Danke, danke, freut mich.
Benjamin Kanthak: Kopenhagen, es ist jetzt nicht mehr nur in Berlin
das Down Under Film Festival, sondern mittlerweile
ja auch schon in Kopenhagen. Seid ihr auch schon
am Start? Wie war es? Erzähl. Es ist gut gelaufen,
glaube ich.
Angus McGruther: Ja, sehr, sehr gut gelaufen. Wir sind vor einem
Jahr das erste Mal in Kopenhagen gewesen mit dem
Filmfestival und das kam durch eine Einladung von
der australischen Botschaft in Kopenhagen und die
haben gesehen, was wir in Berlin gemacht haben und
haben uns einfach geschrieben und eingeladen, ja
bitte komm nach Kopenhagen und wir würden gerne
sowas ähnliches hier in Dänemark machen, um
australische Filme zu präsentieren. Und ja, dann,
wir sind letzte Woche wieder in Kopenhagen gewesen
und wir haben dort nochmal das Filmfestival beim
Danish Filminstitute, das Dänische Filminstitut,
Cinema, Take it heißt es, gemacht und das lief
noch besser als letztes Jahr, vor allem, dass mehr
Leute, also ein bisschen mehr Leute gekommen sind.
Ich glaube, dieses Jahr hatten wir ein bisschen
mehr Zeit, das alles mit dem Marketing und das zu
promoten. Und ja, wir hatten auch ein schönes Line
up von Filmen, das hat uns sehr, sehr gefreut, das
zweite Mal letzte Woche da zu sein.
Benjamin Kanthak: Und Kopenhagen ist ja natürlich auch eine
unfassbar tolle Stadt, also wirklich wie eine
Filmkulisse und ist ja auch für viele Filme schon
gewesen. Ich finde es spannend, dass es nach
Dänemark quasi ausgeweitet wurde, weil ich glaube,
vielleicht gibt es da auch einige Parallelen
zwischen der dänischen Filmindustrie und der
australischen Filmindustrie, oder es sind beides
kleinere Märkte natürlich. Dänemark noch viel,
viel kleiner. Natürlich, Australien hat den
Vorteil, dass es englischsprachig ist, aber ich
meine, die Dänen, die haben wirklich, wenn man
überlegt, Lars van Trier, Nicolas Winding auf der
Directorseite, dann natürlich Mads Mikkelsen als
Aushängeschild, als Actor und viele andere, Kim
Botnia und so weiter und so fort. Hast du das
Gefühl gehabt, dass es da viele Berührungspunkte
gibt zwischen der dänischen Filmszene und der
australischen Filmszene?
Angus McGruther: Ja, ich würde sagen, vor allem, dass zum Beispiel
das Humor ziemlich ähnlich ist. Ich kann mich noch
daran erinnern, letztes Jahr, wir hatten eine
Comedy gezeigt, das heißt Audrey. Und ich habe
auch einen kleinen Unterschied gemerkt zwischen
dem deutschen Publikum und dem dänischen Publikum,
in wie sie dann den Humor reagiert haben. Und ich
glaube vielleicht für die Deutschen war es ein
bisschen mehr irritierend und die Dänen haben
sofort gelacht und das war interessant zu
beobachten, weil ich glaube manchmal kommt durch
dieses Humor diese Dunkelheit. Und die Dänen und
die Skandinavien, die haben auch eine Dunkelheit,
nicht nur in diesem Nordic Noir Genre, aber auch
in der Humor. Und ich glaube, das kann man auch
sehen in den australischen Komödien manchmal. Und
wir verstehen uns einfach sehr gut und sehr
schnell. Und wenn das über einen Film dann
transportiert ist, sieht man auch wie ähnlich wir
sind eigentlich.
Benjamin Kanthak: Ja, ist ein kruder Humor. Kruder Humor, den
die Dänen haben. Aber sprechen wir mal über eure
tolle Plattform nochmal und über euer Kreativbaby.
Also das ist ja wirklich, Du und Marla haben ja
zusammen dieses Down Under Film Festival an den
Start gebracht und wirklich eine ganz ganz tolle
Plattform gebildet. Hat sich einiges verändert
jetzt so in diesem Jahr im Vergleich über die
letzten Jahre? Was habt ihr so mitgenommen für das
diesjährige Filmfestival? Was waren so ein paar
Learnings, wo ihr gesagt OK, das machen wir anders
oder das machen wir jetzt nicht mehr so, wie wir
es früher gemacht haben?
Angus McGruther: Wir sagen jedes Jahr, wir müssen früher anfangen
oder wir müssen unsere Deadlines ein bisschen
früher im Kalender reinpressen. Aber für uns ist
die Herausforderung über die europäische
Sommerferien zu arbeiten, weil solche
Veranstaltungen brauchen viel Zeit für das
Vorbereiten. Und leider ist es so, dass im Juli,
August viele Leute nicht mehr im Büro sind, weil
die wegfahren und dann ist es plötzlich Ende
August und wir müssen noch vieles schaffen und
bestätigen und so weiter. Und es ist immer so ein
Zeitstress, aber wir kriegen es jedes Mal
irgendwie hin. Ich würde sagen, dieses Jahr ist es
immer wichtig, dass Leute einfach wissen, dass wir
da sind und wir versuchen so früh wie möglich das
Marketing und Pressemitteilungen und so. Aber was
auch hilft, ist, dass wir dieses Jahr ein neues
Kino in Berlin in einem neuen Kino sehen von
Kolosseumkino in Prenzlauer Berg, was vor einigen
Jahren zugemacht hat und jetzt ist wieder offen
für Filmer und für Veranstaltungen. Und das Gute
ist, dass das alte Kino Movimento, wo wir früher
waren in Kreuzberg, die haben die Verwaltung von
diesem Kolosseumkino übernommen. Das heißt, wir
können dort unser Festival irgendwie wachsen und
das ist ein viel größerer Space für uns. Also der
Raum ist viel größer und die Veranstaltungsräume
Und ja, das ist ein bisschen mehr zentral. Wir
hatten letztes Jahr in Wedding auch eine
Eröffnungsfilm-Veranstaltung und Wedding ist. Ein
bisschen weiter nördlich, deswegen in der Tat. Ja
genau. Wir freuen uns ein bisschen näher von dem
Berliner Zentrum zu sein. Und ja, es ist auch, ja,
wer weiß, wer weiß. Es ist immer ein Experiment,
aber ich freue mich. Ich liebe diese Location.
Benjamin Kanthak: Ja, und Berlin ist ja eine wirklich unfassbar
internationale Stadt. Insofern generell als
Location super, aber dann zentral gelegen ist
natürlich großartig. Wie ist mittlerweile so der
Andrang für euer Festival? Ich kann mir
vorstellen, dass ihr mittlerweile einige tolle
Filme auch dann leider ablehnen müsst, weil ihr
habt ja nun mal eine bestimmte Anzahl an Filmen,
die ihr zeigen könnt. Ist das mittlerweile der
Fall, dass ihr immer mehr Einschreibungen bekommt
und Anfragen bekommt und fällt es dann auch? Also
wie ist das dann auch vielleicht tollen Film
abzusagen?
Angus McGruther: Ja, manchmal ist es so, dass wir, also wir kriegen
sowieso über die Submission, es gibt eine
Plattform, wo die Filmemacher deren Filme zu uns
schicken können und dann haben wir ein Team und
wir gucken das alles an und klar aus wählen wir
also einige Filme. Und es gibt dann andere Filme,
die ich zum Beispiel versuche zu kriegen über
Melbourne Film Festival oder Sydney Film Festival
und viele andere. Aber es kommt darauf an, was wir
irgendwie fokussieren, was wir fokussieren, weil
es gibt zum Beispiel Themen, die in Australien
viel besser an das Publikum landen als in Europa.
Es gibt Themen, die vielleicht ein bisschen zu
domestic sind zum Beispiel. Ohne Kontext ist es
ein bisschen verloren an einem fremden Publikum
und daraus denken wir, das wird schwierig, zum
Beispiel auch zehn Leute in den Kinos zu bringen.
Wie können wir dann Geld draus machen? Es geht
nicht nur um das Geld, aber wir müssen Karten
kaufen und wir müssen auch ein bisschen vorsichtig
sein, welche Themen oder was dann Sinn macht nach
Europa zu bringen, nach Deutschland zu bringen und
was würde dann die Leute hier interessieren.
Andererseits ist es auch gut, nicht nur die
größeren Filme zu promoten, weil die meisten Big
Budget Filme haben schon Filmverleih und die
machen so die Strategien für die Filme im Ausland
und brauchen wahrscheinlich nicht die kleinen
Festos wie wir. Und deswegen ist es gut die neuen
Filmemacher, die Emerging Talents zu stärken, zu
unterstützen und die Indie Firma zu bringen, weil
die Indie Firma sind die Firmen, die es
schwieriger finden eine Verleih zu sichern und
ohne Filmverleih ist es sehr schwierig in einem
ausländischen Kontext des Film zu bringen.
Deswegen finden wir es wichtig, diese Filme zu
zeigen und ins Programm zu inkludieren. Das freut
mich auch, wenn die Filmemacher nach Deutschland
kommen. Die freuen sich riesig dabei zu sein und
tau zu sein. Und für einige ist es auch das erste
Mal, dass ein Film in einem ausländischen Kontext
gezeigt wird. Das ist auch eine neue Erfahrung,
dann ein neues Publikum zu sehen und zu
präsentieren, was die gemacht haben. Und das ist
ein großer Punkt für uns, dass wir diese
Filmemacher unterstützen.
Benjamin Kanthak: Definitiv. Und dann gerade in der Stadt der
Berlinale, wo ja auch ein Bewusstsein für
Filmkunst schon historisch immer, da war es
wirklich dann glaube ich auch super super wichtig
für diese jungen Filmemacher und australischen
Filmemacher dann in Austausch auch zu gehen mit
den Leuten vor Ort. Und dann ist da natürlich noch
mal eine Stadt wie Berlin oder jetzt auch
Kopenhagen natürlich sensationell für, muss man
wirklich sagen. Das ist wirklich wirklich toll.
Ich finde auch, dass natürlich solche Festivals
immer eine Offenheit auch erzeugen beim Publikum.
Also ist so mein Erlebnis in die Filme und für
diese kleinen Perlen, die man vielleicht
übersieht. Und solche Filme können dann ja auch so
eine eigene Dynamik entwickeln und dann ja
irgendwie einfach die gut ankommen und das ist
dann vielleicht so ein kleiner Startschuss auch
für einige Filme, die man dann braucht. Und da ist
es wahrscheinlich auch sehr sehr befriedigend,
wenn ihr vielleicht das Gefühl habt, dass ihr da
einen Teil zu beigetragen habt. Also ich glaube
auch für euch. Wie ist so eure Position in der
australischen Filmindustrie mittlerweile? Ich
meine, es ist ja wirklich eine tolle Sache, ein
Aushängeschild der australischen Filmszene im
Ausland dann auch noch in einer Stadt wie Berlin
und jetzt Kopenhagen zu bilden. Also kann ich mir
vorstellen, dass ihr innerhalb der australischen
Filmszene wahrscheinlich dann auch wirklich tolle
Kontakte mittlerweile geknüpft habt, oder?
Angus McGruther: Ja, Das kam über 4, 5 Jahre aus diesem Projekt.
Aber die meisten Leute in Australien, also ich
würde sagen, seitdem wir das Festival übernommen
haben, sind wir ein bisschen mehr bekannt in
Australien und auch in Neuseeland. Und das läuft
wahrscheinlich, weil viele Filmemacher, die in den
letzten Jahren bei Download Film Festival deren
Filme gezeigt hatten, haben sie so word of mouth
ein bisschen mehr über uns oder untereinander
erzählt. Und viele davon waren schon, also vor uns
gab es ein anderes Team, die haben das
Filmfestival geleitet. Viele Filmemacher waren in
den letzten zehn Jahren bei Down Under Berlin hieß
es damals. Und ich glaube, dadurch ist das so
Awareness noch da. Ich versuche, ich bin der
Einzige aus dem Team, die tatsächlich in
Australien lebt jetzt und ich versuche bei den
Melbourne International Film Festivals, Sydney
Film Festival und Flickefest, Short Filmfest
anwesend zu sein. Ja, und ich spreche über Down
Under Berlin, Down Under Kopenhagen und versuche
dann so viele Filmemacher wie möglich
kennenzulernen. Und dadurch kann ich auch die
Filmemacher einladen, deren Firma zu uns zu
schicken. Und ja, das dauert manchmal einige
Jahre, aber ich glaube, ich habe das Gefühl jetzt
in den letzten zwei, drei Jahren, dass viel mehr
Leute uns kennen, auch Regisseure, die jetzt
ziemlich erfolgreich sind. Und sie haben gesagt,
oh yeah, I know, miteinander Filmfest, cool, ja,
ja, das freut mich auch, wenn sie schon von uns
gehört haben.
Benjamin Kanthak: Na klar. Und das ist ja wirklich etwas, sowas
braucht natürlich unfassbar viel Zeit, sowas
aufzubauen, so ein Standing sich zu erarbeiten.
Ihr seid ja wirklich seit 16 Jahren dabei und
immer dran geblieben und es ist wirklich
großartig. Diesen Donnerstag geht es los und dann
läuft das Festival in Berlin vier Tage, nachdem es
ja schon in Kopenhagen schon Filme zu sehen gab.
Abschließende Frage an dich, Angus, wenn du dir
selbst, also deinem Selbst vor 16 Jahren einen
Tipp geben könntest, mit dem Wissen von heute,
welcher Tipp wäre es?
Angus McGruther: Das ist eine große Frage, aber ich würde sagen,
das Tipp wäre einfach Chill out.
Benjamin Kanthak: It's all good, it's all good, it's all good.
She'll be right mate. She'll be right mate. Angus,
ich danke dir vielmals. Ich wünsche euch alles
Gute mit dem Down under Film Festival 2025 in
Berlin und dass die nächsten vier Tage ab dem
Donnerstag, wenn es losgeht, dann die vier
Festival Tage so toll und erfolgreich werden wie
in den vergangenen Jahren. Das Festival weiter
wächst und gedeiht, macht immer Spaß, mit dir zu
sprechen und dir noch einen tollen Resttag und ein
schönes Festival.
Angus McGruther: Super, vielen Dank. Es freut mich.