Dr. Kerstin Braun ist Senior Lecturer an der School of Law and Justice an der University of Southern Queensland und hat soeben ein Buch herausgebracht, in dem sie die Rechte der Opfer von Verbrechen in mehreren Ländern untersucht. Es hat den Titel: Victim Participation Rights – Variation Across Criminal Justice Systems.
In Deutschland haben diese das Recht als Nebenkläger in Strafprozessen aufzutreten, und das hat sich in Fällen wie der Loveparade in Duisburg, dem NSU Prozess Beate Tschärpe und der Verurteilung von dem Naziverbrecher Oskar Görning ausgewirkt. In Australien, GB und den USA ist das nicht erlaubt. Im Verlauf der kleinen Serie sprechen wir über diese Fälle.
In IG geht es heute um die Unterschiede der Rechtssysteme in Australien und Deutschland. Der wichtigste ist die Rolle des Richters, der in Deutschland sehr viel mehr Kontrolle in seinem Gerichtssaal hat, als in Australien. Das kann auf einen unterschiedlichen Verhandlungsgrundsatz zurückgeführt werden.
In Australien beruht die Gerichtsbarkeit, wie auch in der Politik auf einem adversarial system, einem kontradiktorisches System. Die Juristen der Anklage und die der Verteidigung treten sich gegnerisch, ja kämpferisch gegenüber, führen Kreuzverhöre aus und haben auch das Sagen darüber, welche Beweise vorgelegt werden.
In Deutschland gilt dagegen die "Inquisitionsmaxime", die besagt, dass ein Gericht verpflichtet ist, den Sachverhalt, der einer Entscheidung zugrunde gelegt werden soll, ohne Antrag eines Betroffenen oder unabhängig davon, zu untersuchen. Es gibt keine Jury, die Opfer oder ihre Verwandten dürfen als Nebenkläger auftreten und die Vernehmung des Angeklagten und die Aufnahme des Beweises während des Gerichtsprozesses erfolgt im Regelfall durch den Vorsitzenden Richter.